GoArt! Studio Visit bei Klaus Killisch

Das Gemälde “Mann vor Mauer“ von Künstler Klaus Killisch aus dem Jahr 1988 ist noch bis zum 28.10.2018 in der Sonderausstellung „Die Schönheit der großen Stadt“ im Ephraim Palais zu sehen, die 120 hochkarätige Werke von Künstlern zeigt, die die urbanen und sozialen Strukturen der Stadt Berlin im 19. und 20. Jahrhundert repräsentieren. Der in der DDR geborene Künstler Klaus Killisch lebt seit 1972 in Berlin und hat in den 80er Jahren an der Kunsthochschule Weißensee zunächst Industriedesign und dann Malerei studiert. Expressionismus, die Bauhaus Idee, Pop und Punk, Bands wie die Einstürzenden Neubauten oder Nick Cave haben seinen Stil von Beginn an beeinflusst, der sich in einer sehr eigenen faszinierenden Art der Collage-Malerei ausdrückt. Musik als Klang oder als Material – Vinyl, Plattencover oder Porträts seiner Ikonen sind häufig Bestandteile der Gemälde.

Miriam Bers traf den Klaus Killisch zu einem Gespräch in seinem Atelier:

Miriam Bers: Du erzählst, dass die Stilikonen der 80er auch in Weißensee im ehemaligen Ostteil der Stadt Einzug hielten. Das ist zunächst schwer vorstellbar für Jemanden, der das nicht miterlebt hat. Wie ließ sich Punk und DDR vereinen? Wie kam es, dass sie Deine Arbeiten so maßgeblich prägten?

Klaus Killisch: In den 1980er Jahren ging es mir darum gute Musik zu hören und dazu Bilder zu malen: zum Beispiel Nick Cave & the Bad Seeds und Einstürzenden Neubauten waren inspirierend. Diese und andere Musik spiegelten gut unser Lebensgefühl wieder. Im Atelier war das wie Treibstoff, der mich beim Malen in Trance versetzte und antrieb. Das ist bis heute so geblieben. Sehr viel später erst habe ich erkannt, wie viel Zeitgeist in meinen Bildern steckt. Sehr sichtbar ist es bei “Seele brennt“ oder “Teutonisches Bild“ auf dem ein Wolfsmensch quasi aus dem Bildraum aufsteigt.

MB: Du erwähnst eine für Dich und weitere Künstler so bedeutende Gruppe um die Keramikwerkstatt Wilfriede Maaß, die in den 90ern auch eine Galerie in Berlin Mitte hatte.

KK: Die Keramikwerkstatt von Wilfriede Maaß war in den 80er Jahren Wohnzimmer  und Treffpunkt der subversiven Künstlerszene Ostberlins im Prenzlauer Berg. Künstler wie Cornelia Schleime, Wolfram Scheffler oder Angela Hampel haben dort Keramik bemalt. Als ich Wilfriede kennenlernte waren viele der Künstler schon im Westen. Dieser Exodus war ein Verlust, aber es entstanden wiederum auch Freiräume für uns, da weiter zu machen. Mit Wilfriede, Sabine Herrmann und Petra Schramm gründeten wir eine der ersten Produzentengalerien im Osten. Wir luden Künstler ein, in der Werkstatt zu arbeiten. Die entstandenen Keramiken und Objekte wurden dann in Korrespondenz mit den eigentlichen Kunstwerken ausgestellt. Für meine Ausstellung hatte ich in der Galerie blaue Wandbilder entworfen und davor die Keramiken inszeniert. Das sah ziemlich cool aus.In den 90er Jahren zogen wir dann mit der Galerie in die Gipsstraße. Wir waren quasi einer der Vorreiter für den später einsetzenden Kunstboom in Mitte. Ein Höhepunkt war die Ausstellung “Sake Bar“. Die Idee hatte Mikael Eriksson. In einer nachempfundenen Sake Bar konnte man sitzen und aus den bemalten Gefäßen trinken und diese auch kaufen. Neo Rauch, Carsten Nikolai und viele andere haben dafür Geschirr bemalt.

MB: Wie hat sich Dein künstlerisches Schaffen in den 90ern und bis heute entwickelt, im Brennpunkt Berlin? Hattest Du gleich Kontakte ins Ausland? Ich weiß dass Du 2004 die Gruppe “Collective Task“ gegründet hast, eine Art Mail Art mit einer Dichterszene in New York. Wie gestaltet sich das, welche Idee liegt der kollektiven Zusammenarbeit zu Grunde?

KK: Als die Mauer durch unsere friedliche Revolution fiel, war das für mich ein Glücksfall. Ich wurde zur Biennale in Venedig eingeladen. Meine expressiven Bilder waren Teil der Ausstellung Berlin! im Italienischen Pavillon. Das war aufregend und neu. Mit Hilfe von Stipendien und Ausstellungen reiste ich oft ins Ausland und blieb längere Zeit auch in Japan. Dann lernte ich den amerikanischen Dichter Robert Fitterman kennen. Mit ihm verbindet mich bis heute eine enge Freundschaft. Er hatte auch die Idee zu Collective Task. Wir beide organisieren CT inzwischen seit 10 Jahren. Die Idee ist relativ simpel: jeden Monat stellt ein Künstler oder eine Künstlerinaus der Gruppe eine Aufgabe, auf die alle anderen frei mit künstlerischen Mitteln antworten. Die Ergebnisse kann man auf unsere Website sehen und die Vielfalt erspüren, die der Künstlergruppe entspringt. 2012 wurden wir vom MoMA in New York eingeladen, CT zu präsentiert. Das war sehr aufregend.

In meiner künstlerischen Arbeit bin ich offen für Anregungen von Außen. So fragte mich vor einigen Jahren Sangare Siemsen, ob ich für seine Bar ambulance ein Deckenbild gestalten möchte mit seinen LPs, die er Anfang der 90er aufgelegt hatte. Aus diesem Auftrag entbrannte eine Leidenschaft für das Material Vinyl. Ich begann mit Acryllacken und gerasterten Motiven aus der Werbung zu experimentieren und entwickelte daraus meine Collagen-Malerei. In der Musik gibt es das Sampling und so ähnlich verstehe ich auch meine Kunst, als ein Zusammenbringen von Versatzstücken aus Alltagskultur, Clubszene, Trash und Malerei. Die Bar gibt es leider nicht mehr. Das Deckenbild wurde abgedeckt. Man könnte es irgendwann wieder freilegen.

MB: Was zeigst Du in Deiner kommenden Einzelausstellung “Endless Rhythm“ in Chemnitz? Wo und ab wann ist sie zu sehen?

KK: Die Ausstellung wird in der Galerie Weltecho ab dem 20. Oktober zu sehen sein. Ich freue mich schon darauf in diesem tollen Raum mit seinen fünf Meter hohen Wänden auch ein Wandbild realisieren zu können.

MB: Welcher ist Dein Lieblingsort in Berlin?

KK: Mein Atelier.

MB: Welcher ist Dein Sehnsuchtsort?

KK: Parpan, ein kleiner Ort in Graubünden.

MB: Wie endet Dein Tag? Selber Kochen oder Essen gehen?

KK: Beides. Aber zu Hausen kochen und mit der Familie essen ist am Schönsten.

MB: Rezeptidee?

KK: Mein Kinder wünschen sich von mir oft Eierkuchen. Die gelingen mir auch meist hauchdünn. Es gibt da unendlich viele Varianten sie zu belegen mit Lachs, Pilzen, Salat oder Süßem.

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Foto Credit: Klaus Killisch

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